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Juristische Einordnung: Forderungen für ein CE-Verbot basieren auf falschen Prämissen

Der Bundesrat hat im Juli mehrheitlich dafür gestimmt, dass die Anwendung von aufbereiteten medizinischen Eimalprodukten verboten ist, wenn die aufbereiteten Produkte „CE-zertifiziert“ sind. Das heißt, die Anwendung von diesen Produkten soll verboten werden, wenn für die aufbereiteten Produkte nachgewiesen ist, dass diese alle grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen, die die Medizinprodukteverordnung an Medizinprodukte stellt.
4. November 2024
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Der Bundesrat hat im Juli mehrheitlich dafür gestimmt, dass die Anwendung von aufbereiteten medizinischen Eimalprodukten verboten ist, wenn die aufbereiteten Produkte „CE-zertifiziert“ sind. Das heißt, die Anwendung von diesen Produkten soll verboten werden, wenn für die aufbereiteten Produkte nachgewiesen ist, dass diese alle grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen, die die Medizinprodukteverordnung an Medizinprodukte stellt. Der Vorschlag dazu entstammte dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Jedoch beruht dieser zum einen auf falschen Prämissen und stellt sich zum anderen gegen die Empfehlung des Bundesministeriums für Gesundheit (BR-Drs. 251/24). Wir haben die Sachlage folgend juristisch eingeordnet.

Falsche Prämisse 1: Die CE-Aufbereitung sei eine Neuheit

In einem Statement des Gesundheitsministeriums NRW vom 18.07.2024, das uns auf Anfrage vorliegt, heißt es zur Begründung des Vorhabens:

„Die Aufbereitung von Einmalprodukten nach Artikel 17 Absatz 2 Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) war nach mehrheitlicher Auffassung der Länder bislang in Deutschland nicht gestattet.“

Diese Auffassung ist schlichtweg falsch. Denn die CE-Aufbereitung von Einmalprodukten mit Zertifikaten Benannter Stellen im Gesundheitswesen ist schon seit Jahrzehnten reglementiert. Bereits die vormals geltende EU-Richtlinie 93/42/EWG „Medical Device Directive (MDD)“, die im Jahr 2021 durch die MDR ersetzt wurde, erlaubte sie klar (bekannt als Herstellung „als neu“). So hieß es in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe f) MDD:

„Die dem Hersteller nach dieser Richtlinie obliegenden Verpflichtungen gelten auch für die natürliche oder juristische Person, die ein oder mehrere vorgefertigte Produkte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet und/oder kennzeichnet und/oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Produkt im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist.“

Ausgehend von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe h) Richtlinie 93/42/EWG galten die Herstellerpflichten der MDD auch für die Herstellung „als neu“.

Dass Remanufacturer, die Ware in Verkehr bringen, als Hersteller gelten und den Originalherstellern damit gleichgestellt sind, ist also keine Neuheit. Die Vanguard AG erhielt die ersten CE-Zertifikate bereits im Jahr 2011 von einer Benannten Stelle mit Sitz in Deutschland und hat seitdem etwa 250.000 CE-aufbereitete Einmalprodukte in Deutschland in Verkehr gebracht.

Deutschland hat der Europäischen Kommission die Zulässigkeit der Aufbereitung von Einmalprodukten sowohl gemäß Artikel 17 Absatz 2 MDR als auch gemäß Artikel 17 Absatz 3 und 4 MDR bereits gemeldet.

 

Falsche Prämisse 2: Die CE-Aufbereitung sei nicht sicher

Die zweite falsche Prämisse aus der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrates (BR-Drs. 251/1/24) geht aus folgendem Absatz hervor:

„Die Regelungen nach Artikel 17 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR), also vollständige Herstellerpflichten inkl. vollständigem Konformitätsbewertungsverfahren, stellten derzeit nicht sicher, dass das Ausgangsprodukt für die CE-Aufbereitung (das benutzte Einmalprodukt), nicht bestimmungswidrig verwendet oder behandelt oder an kritischen Patienten angewendet worden sei. Das sei nur durch Verträge im Rahmen der CS-Aufbereitung sicherzustellen.“

Die Aussage, „Das sei nur durch Verträge im Rahmen der CS-Aufbereitung sicherzustellen“ ist nicht zutreffend. Auch bei der CE-Aufbereitung wird durch Verträge geregelt, wie die Ausgangsprodukte für die CE-Aufbereitung in den Gesundheitseinrichtungen behandelt werden müssen. Diese Verträge sind bei der CE-Aufbereitung Teil des Konformitätsbewertungsverfahrens und geprüft durch eine Benannten Stelle. Aufbereitete Medizinprodukte mit CE-Zertifizierung erfüllen nachweislich alle anwendbaren grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der MDR, die auch Neuprodukte erfüllen müssen.

Dass Regelungen einer Rechtsverordnung auf Basis faktisch unwahrer Behauptungen erlassen werden, sollte in einem Rechtsstaat wie Deutschland nicht passieren – und für großen Aufschrei sorgen! Daher ist ein offizielles Statement des BMG, bei dem der Beschluss des Bundesrates nun liegt, mit Spannung zu erwarten. Insbesondere, nachdem es dem Handelsblatt bereits in einem Statement verkündete, die CE-Aufbereitung weiterhin erlauben zu wollen.

Vielen Dank an Dr. Christian Jäkel, Arzt & Fachanwalt für Medizinrecht, und Dr. Hagen Thielecke, Leiter Forschung und Entwicklung sowie Regulatory Affairs, die uns bei dieser Einordnung mit ihrer juristischen und regulatorischen Expertise behilflich waren.

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